Samstag, 28. März 2015

Lorenzo Ravagli

: Lorenzo Ravagli:
Im ersten Artikel noch überwiegent Positiv über Clement.
Im zweiten Artikel schon weniger.
Im dritten Artikel nimmt er noch weiter Abstand.


2-http://anthroblog.anthroweb.info/2014/die-anthroposophie-ein-rueckfall-in-den-mythos/

3-http://anthroblog.anthroweb.info/2015/mythos-metapher-und-imagination-ueber-die-realitaet-der-geistigen-welt/

Lorenzo Ravagli (Auszug Teil 3):Schon in Band 5 der SKA hat Clement Formulierungen verwendet, die darauf hindeuten, dass er die steinersche »Esoterik« als eine Veranschaulichungphilosophischer Ideen betrachtet. Zum Beispiel:
»Die steinersche Esoterik kann als eine zum Zweck der Anschaulichkeit vorgenommene ideelle Umstülpung seiner Philosophie verstanden werden, in welcher dasjenige, was zuvor Inneres war, als Äußeres angeschaut wird, und umgekehrt.«
In SKA 7 schreibt er über Steiners Ausführungen zu Kundalinilicht und Kundalinifeuer und den Chakren in »Wie erlangt man…«: »Diese Konzeption ist aber in ihrem Kern nichts anderes als die schon bei Fichte zu findende und auch Steiners ›Philosophie der Freiheit‹ prägende Dialektik von Erkenntnis und Liebe. Auch hier erweist sich somit die anthroposophische Esoterik wieder als Verbildlichung philosophischer Konzeptionen.« (S. LX)
An anderer Stelle: »Der sogenannte ›Astralleib‹ und die darin sich bildenden ›Chakren‹ … sind für Steiner somit letztlich bloße Visualisierungen bzw. Imaginationen, in denen seelische und geistige (und somit immaterielle) Phänomene in sinnliche Bilder gekleidet und so dem Meditierenden und dem Leser vorstellbar gemacht werden.» (S. LVII)
Besonders deutlich wird die Tendenz aber in den von mir zitierten Ausführungen:
»Während Steiner also 1902 vorhandene Mythen aus bewusstseinsphilosophischer Perspektive nur interpretierte, kreiert er hier gewissermaßen selbst einen Mythos, um das seelisch-geistige Erleben des menschlichen Selbst im übersinnlichen Bewusstsein anschaulich und lebendig werden zu lassen …«. (S. 319)
»Schon an früherer Stelle hatte Steiner die inneren Gesetzmäßigkeiten der geistigen Welt durch den Gebrauch einer mythologischen Redeweise zu verdeutlichen gesucht und von ›höheren Wesenheiten‹ gesprochen … In derGeheimwissenschaft von 1910 werden diese vereinzelten Versuche dann zur grundlegenden Methodik, indem Steiner in seiner Schilderung der Kosmogenese unter Rückgriff auf christliche und theosophische Hierarchienmodelle ein ganzes System geistiger Wesen einführt, mit deren Hilfe er die am evolutiven Geschehen im Kosmos beteiligten Kräfte und Prozesse zu konkret-greifbaren Vorstellungen verdichtet. In dieser Hinsicht kann die Anthroposophie insgesamt als Versuch einer Erneuerung mythischen Denkens in der Moderne aufgefasst werden. An anderer Stelle hat er jedochdiese mythologisierende Sprechweise zurückgenommen und etwa das karmische Geschehen als nicht von ›Wesen‹ und ›Mächten‹, sondern von unpersönlichen ›Kräften‹ bzw. ›Gesetzen‹ geleitet beschrieben … So schwankt die anthroposophische Darstellungsart oft zwischen mythisch-bildlicher und wissenschaftlich-abstrakter Rede«. (S. 321)
Kurz darauf: »Was vorher in einer mythologisch-verdinglichenden Weise als ›Wesen‹ oder ›Mächte‹ dargestellt worden war …, erscheint hier in einermoderneren und wissenschaftlichen Form, nämlich als ›Kräfte‹ bzw. ›Gesetze‹, welche hinter dem menschlichen Karma stehen.« (S. 328)
Immer wieder kehren diese Formulierungen bei Clement wieder: Verbildlichung, Visualisierung, Veranschaulichung, Verdeutlichung. Was gemeint ist, machen Wendungen wie »bloße Visualisierungen«, »nichts anderes als« besonders deutlich. Wenn ein Autor behauptet, etwas sei »nichts anderes als«, ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten, weil sich darin meist eine unzulässige Identifikation oder Reduktion verbirgt. Clement hält das Sprechen von geistigen Wesen, von Astralleib usw. für weniger wissenschaftlich, fürweniger modern, als die rein philosophisch-abstrakte Redeweise. Insofern tatsächlich ein »Rückschritt«. Steiner selbst sah darin aber einen Fortschritt, ein Weiter- und Hinaufschreiten.
Ich nehme also an – auch aufgrund dessen, was ich in meiner Rezension zu SKA 5 herausgearbeitet habe – dass Clement in der Hierarchienwelt, in den gesamten Inhalten der Anthroposophie, in denen Steiner so richtig esoterisch geworden ist, nichts als Veranschaulichungen und Allegorisierungen von Vorgängen sieht, die man entweder auch rein philosophisch erkennen oder zum Ausdruck bringen kann. Ich erinnere an Steiners Ausführungen in »Mein Lebensgang« zu seinem Vortrag »Goethes geheime Offenbarung«: »Und in diesem Vortrag wurde ich in Anknüpfung an das Märchen ganz esoterisch. Es war ein wichtiges Erlebnis für mich, in Worten, die aus der Geistwelt heraus geprägt waren, sprechen zu können, nachdem ich bisher in meiner Berliner Zeit durch die Verhältnisse gezwungen war, das Geistige nur durch meine Darstellungen durchleuchten zu lassen.«
Aber sehen wir einmal von Clement ab.
Wie ist Steiner selbst zu verstehen? Vielleicht müssen wir die genetische und die systematische, die ontologische und die logische Perspektive unterscheiden. Würde man behaupten, die gesamte »Geheimwissenschaft im Umriss« enthielte nichts als Vorgänge, die sich im Bewusstsein Steiners abgespielt hätten, und diese Prozesse bezögen sich nicht auf etwas, das auch unabhängig von diesem Bewusstsein Bestand hätte, wäre die logische Folge,dass die Welt aus Steiners Bewusstsein entstanden ist. Denn, was er hier als Alten Saturn, Alte Sonne, als Archai, Exusiai, Throne usw. schildert, existiertealsdann ja nur in seinem Bewusstsein und alles, was aus dem Wirken der Hierarchien hervorgegangen sein soll, existierte auch nur in seinem Bewusstsein. Steiner wäre also Gott. Oder er hätte eine überaus reiche, lebendige Phantasie. Warum sollten wir uns aber dann mit ihm weiter beschäftigen? Er wäre so oder so nichts weiter als ein Kuriosum der Weltgeschichte. Und was wäre denn jetzt, nachdem dieses Bewusstsein nicht mehr vorhanden ist? Oder bringt er immer noch die Welt hervor, auch nachdem er gestorben ist?
Zwar sind all diese Vorgänge erst durch sein erkennendes Bewusstsein für uns zugänglich geworden, weil er sie erforscht und dargestellt hat, aber sie existieren – zweifellos auch nach Steiners Auffassung – auch unabhängig von diesem Erkennen – insbesondere, da sie dieses Erkennen überhaupt erst ermöglicht haben. Die menschliche Erkenntnisorganisation, die den Weltprozess erkennen kann, muss ja zuerst durch diesen Weltprozess entstanden sein, damit sie sich auf ihn zurückwenden und erkennen kann, wie sie entstanden ist. Es wäre aber ein Irrtum, anschließend zu behaupten, dieses Erkennen, das das Ergebnis des Weltprozesses ist (laut »Philosophie der Freiheit«, das letzte das entstanden ist), hätte diesen Weltprozess, also die Voraussetzungen und Bedingungen seiner Möglichkeit hervorgebracht. Vielmehr hat das Geistige, das »neben und außer dem Ungeistigen« existiert, aus dem diese Organisation hervorgegangen ist, diese hervorgebracht.
Wendet man Clements These auf das erkennende Bewusstsein des Menschen im allgemeinen an, würde sie zur Konsequenz führen, dass jedes einzelne erkennende Bewusstsein alles hervorbringt, was es erkennt, einschließlich der Voraussetzungen seiner Erkenntnisorganisation und damit würden wir tatsächlich bei einem radikalen Solipsismus landen, denn es gäbe so viele Welten, wie es erkennende Bewusstseine gibt oder bei einer Form des Monadismus, sofern all diese Welten in einer Art von prästabilierter Harmonie übereinstimmen.
Das »Gegebene« ist aber nicht von uns hervorgebracht, wir müssen es als Gegebenes annehmen, aufnehmen und erkennend durchdringen. Zu diesem Gegebenen gehört auch unsere Leibesorganisation, die das Erkennen erst möglich und nötig macht. Hinter dem Gegebenen verbirgt sich die gesamte Evolution, der Weltprozess, der Schöpfungsprozess, der zu dieser Leibesorganisation als objektiver Prozess hingeführt hat, damit durch sie ein individueller Menschengeist diesen Weltprozess und die schöpferischen Mächte erkennen kann, die ihn ermöglicht haben.
Natürlich spielt sich der ganze Weltprozess im Bewusstsein ab, wenn es diesen erkennt, aber ist deshalb dieser Weltprozess nur ein Bewusstseinsvorgang?
Dabei ginge die objektive Seite dieses Prozesses verloren. Vom Menschen »unabhängige Daseinsformen oder Geistwesen« wären dadurch obsolet, denn es handelte sich stets nur um »Projektionen« des Menschen, der nicht erkennt, dass es sich um »Projektionen« handelt.
Wenn sich das menschliche Ich zum Weltinhalt erweitern soll, dann muss ein solcher Weltinhalt doch überhaupt erst einmal vorhanden sein.
Die »Philosophie der Freiheit« frägt zwar nicht danach, wie dieser Weltinhalt entstanden ist, die »Geheimwissenschaft im Umriss« aber sehr wohl. Insofern ist die »Geheimwissenschaft« die notwendige Ergänzung der »Philosophie der Freiheit«, weil sie die von dieser ausgeklammerte Frage beantwortet.
Sind Sie denn der Auffassung, dass das initiierte Bewusstsein die Engelwesen, die es erkennt, als Wesen in ihrem Sein hervorbringt?
Oder ist es nicht vielmehr so, dass es durch seine Erkenntnistätigkeit die Bedingungen schafft, dass diese in ihm erscheinen können? Dass es zum Beispiel die tätigen Organe erzeugt, damit diese in imaginativer Form – als Bilder – erscheinen können? Wohl ist das Geistige, das ich erkenne, Wesen von meinem Wesen, aber es ist nichtsdestotrotz Wesen, Wesen, das in seinem Sein aus sich selbst besteht – und nicht aus mir.
Das gilt ja auch schon für die von uns erkannten Gesetze. Wir schaffen nicht das Dreiecksgesetz, es beruht auf sich selbst. Wir schaffen es lediglich in unserem Denken nach, das in seinem Vollzug sich diesem Gesetz hingeben muss, wenn es dieses seinem Wesen entsprechend denken soll. Und so verhält es sich mit allen geistigen Weltinhalten, abgesehen von unserem eigenen Ich, das wir tatsächlich selbst schaffen, indem wir es erkennen. Deswegen ist die Intuition des Ich auch die »einzige wirkliche Intuition«, die der Mensch im gewöhnlichen Bewusstsein haben kann.
es geht weiter

1 Kommentar:

  1. http://anthroblog.anthroweb.info/2016/rudolf-steiner-verstehen-ohne-wahrheit/#.VzBoam6LSUk

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