Freitag, 3. April 2015

Hellsehen – Entdeckungsprivileg des Erstwahrnehmers versus Plagiat und Abschreiben.

Hellsehen – Entdeckungsprivileg des Erstwahrnehmers.

Es gibt in der geistigen
Welt ein ganz bestimmtes Gesetz, dessen ganze Bedeutung wir uns durch ein Beispiel
klarmachen wollen. Nehmen Sie einmal an, in irgendeinem Jahre hätte ein beliebiger,
geschulter Hellseher dies oder jenes in der geistigen Welt wahrgenommen.
Nun stellen Sie sich vor, daß zehn oder zwanzig Jahre später ein anderer ebenso geschulter Hellseher dieselbe Sache wahrnehmen würde, auch dann, wenn er von den
Resultaten des ersten Hellsehers gar nichts erfahren hätte. Wenn Sie das glauben
würden, wären Sie in einem großen Irrtum, denn in Wahrheit kann eine Tatsache der
geistigen Welt, die einmal von einem Hellseher oder einer okkulten Schule gefunden
worden ist, nicht zum zweiten Mal erforscht werden, wenn der, welcher sie erforschen
will, nicht zuerst die Mitteilung erhalten hat, daß sie bereits erforscht ist.
Wenn also ein Hellseher im Jahre 1900 eine Tatsache erforscht hat, und ein anderer
im Jahre 1950 so weit ist, um dieselbe wahrnehmen zu können, so kann er das erst,
wenn er zuvor gelernt und erfahren hat, daß einer sie schon gefunden und erforscht
hat. Es können also selbst schon bekannte Tatsachen in der geistigen Welt nur geschaut
werden, wenn man sich entschließt, sie auf gewöhnlichem Wege mitgeteilt zu
erhalten und sie kennenzulernen. Das ist das Gesetz, das in der geistigen Welt für alle
Zeiten hindurch die universelle Brüderlichkeit begründet. Es ist unmöglich, in irgendein
Gebiet hineinzukommen, ohne sich zuerst zu verbinden mit dem, was schon von den älteren Brüdern der Menschheit erforscht und geschaut worden ist.
Es ist in der geistigen Welt dafür gesorgt, daß keiner ein sogenannter Eigenbrötler
werde und sagen kann: Ich kümmere mich nicht um das, was schon vorhanden ist,
ich forsche für mich allein. Man kann (also) sagen: Befruchten nur einmal, für ein erstes
Sehen, die göttlichen Wesenheiten eine Menschenseele, und hat diese einmali-
ge, jungfräuliche Befruchtung sich vollzogen, dann ist es notwendig für die andern,
den Blick erst auf das zu richten, was sich diese erste Menschenseele erworben hat,
um ein Anrecht zu haben, sich ein gleiches zu erwerben und es zu schauen. – Dieses
Gesetz begründet zuinnerst eine universelle Brüderlichkeit, eine wahre Menschenbruderschaft.
Von Epoche zu Epoche ist so das Weisheitsgut durch die okkulten
Schulen gewandert und von den Meistern* treulich aufbewahrt worden. Und
auch wir müssen diesen Schatz tragen helfen und Brüderlichkeit halten mit denen,
die schon etwas erreicht haben, wenn wir hinauskommen wollen in die höheren Gebiete
der geistigen Welt. GA 109.167f 

In seinem „Lebensgang“ hatte Rudolf Steiner folgendes erklärt: „An meiner Stellung zum Christentum wird voll anschaulich, wie ich in der Geisteswissenschaft gar nichts auf dem Wege gesucht und gefunden habe, den manche Menschen mir zuschreiben. Die stellen die Sache so hin, als ob ich aus alten Überlieferungen die Geist-Erkenntnis zusammengestellt hätte. Gnostische und andere Lehren hätte ich verarbeitet. Was im ‚Christentum als mystische Tatsache’ an GeistErkenntnis gewonnen ist, das ist aus der Geistwelt selbst unmittelbar herausgeholt. E r s t u m Z uhö- rern beim Vortrag, Lesern des Buch es den Einklang d es geistig Erschauten mit den historischen Überlieferungen zu zeigen, nahm ich diese vor und fügte sie dem Inhalte ein. Aber nichts, was in diesen Dokumenten steht, habe ich diesem Inhalte ei ngefügt, wenn ich es nicht erst im Geiste vor mir gehabt habe.“ 

Clement dagegen stellt, seine Arbeit zusammenfassend, genau das Gegenteil fest. In seiner Einleitung erklärt er:8 „(…) So trat Steiner hier einerseits als Gelehrter auf, der historisch greifbare Texte und Autoren bespricht und sachlich deutet; anderseits nahm er, zumindest im biographischen Rückblick, für sich in Anspruch, in diesen Büchern vor allem über seine eigene mystische Erfahrung zu sprechen und die jeweils besprochenen Denker und Theoreme nur zur Illustration anzuführen. Zu dieser konzeptionellen Ambivalenz kommt die Tatsache, dass Steiner in seiner Darstellung nicht sauber auseinandergehalten hat, wo er Gedanken anderer referiert, zitiert, paraphrasiert oder interpretiert, und wo er seine persönlichen Innenerfahrungen und Ansichten mitteilt. W e i t e P a s s a g e n , d i e s i c h w i e S t e i n e r s e i g e n e Gedankenentwicklung lesen, erweisen sich beim Quellenstudium als unausgewiesene Paraphrasen der von ihm benutzten S ekundärliteratur. Bisweilen finden sich gar wörtliche Zitate, die in keiner Weise als solc h e a u s g e z e i c h n e t s i n d . (…) Mehr als 50 Zitate hat er Otto Willmanns Geschichte des Idealismus entnommen und diese oft in derselben Reihenfolge in seine Darstellung eingefügt, wie sie sich in der Vorlage finden. Ähnliches gilt für den Umgang mit Zitaten aus den Arbeiten von Albert Stöckl, Otto Pfleiderer, Eugen Kühnemann, Carl du Prel, Moriz Carriere, August Gladisch, Richard Lepsius, Hans Martensen, Wilhelm Preger und Rudolf Seydel.“  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen